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Spazierstöcke sammeln - Kurzinformation und EinleitungAuf den folgenden Seiten finden Spazierstock-Sammler eine Einführung zum Thema Spazierstöcke sammeln. |
Knauf eines alten Spazierstocks |
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Kleine Stockgeschichte
Spazierstöcke erfreuen sich als Sammelgebiet seit 20 Jahren steigender Beliebtheit; denn Stöcke und Stäbe, die eigentlich keine Funktion erfüllen, drücken den gesellschaftlichen Rang ihres Trägers aus: der Marschallstab, das Zepter, der Krummstab des Bischofs, der Richterstab oder das Stäbchen des Offiziers. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts ließen sich die Herren von Stand kostbare Stöcke anfertigen. Stöcke wurden von Hof zu Hof verschenkt. Louis XIII war der erste König, der stets einen Stock trug. Die Stöcke des 17. Jahrhunderts hatten kräftige Knäufe, häufig aus Materialien, wie Elfenbein und Rhinozeroshorn mit Silberpiqué. Auch sehr beliebt waren Einlegearbeiten aus Schildpatt und Perlmutter. Der Schuss war ebenfalls kräftig, aus Malaccarohr, und hatte eine lange Zwinge zum Schutz gegen den Schmutz der Gassen. Diese Stöcke sind jedoch heute äußerst selten.
Elfenbeinpiquéknauf mit Silbermanschette, Schuss Malaccarohr, 17. Jh.
Hornknauf mit Perlmutter und Silberfassung, Schuss Malaccarohr, 17. Jh. Achatknauf mit Silberfassung, Schuss Malaccarohr, 17. Jh. Die Stöcke des 18. Jahrhunderts hatten individuell und aufwendig gefertigte Griffe. Sie bestanden aus getriebenem Gold und Silber, aus Schildpatt mit Goldüberzug, aus edlen Steinen, Bernstein, Jaspis oder Türkis und waren zusätzlich mit Edelsteinen besetzt. Sie wurden unterhalb des Knaufes angefasst, damit dieser besser zur Geltung kam, was durch die Überlänge dieser Stöcke von 110 bis 120 Zentimetern bereits vorgesehen war. Für größtmögliche Leichtigkeit und Elastizität sorgte der Schuss aus Malaccarohr mit einer langen Messing- oder Elfenbeinzwinge und zwei Ösen für die Schlaufe. Stets mit einem Stock in der Hand, flanierte, diskutierte und flirtete man zunächst in den Gärten der Tuilerien, von Versailles und Fontainebleau, mit fortgeschrittenem Jahrhundert in den freieren, halbwilden Parks englischen Stils. Die modebewussten Damen wollten den Herren nicht nachstehen; auch sie trugen Stöcke wegen der in diesen Zeiten besonders hohen Absätze und aus reinem Spaß an modischen Accessoires. Der sächsische Premierminister Heinrich Graf von Brühl besaß um die Mitte des 18. Jahrhunderts 300 Stöcke, passend zu 300 Anzügen und genau so vielen Schnupftabakdosen, die er turnusmäßig trug. Auch Friedrich II. verfügte über eine große Sammlung luxuriöser Spazierstöcke und Schnupftabakdosen. Nach dem Siebenjährigem Krieg wurde ein Stocktyp mit tauförmigem Griff als sein ständiger Begleiter so populär, dass er seitdem "Fritzkrücke" genannt wird. Die Französische Revolution schaffte die höfische Mode offiziell ab. Für kurze Zeit von geringer Eleganz, avancierte der Stock jedoch bei den Dandys Anfang des 19. Jahrhunderts zum Ausdruck ihrer Persönlichkeit. Man trug sie passend zur jeweiligen Stimmung, was eine starke Auswirkung auf die Gestaltung der Griffe hatte und das 19. Jahrhundert zur Blütezeit der Stockkultur werden ließ. Die Stöcke waren zwar weniger kostbar, dafür aber von großem handwerklichen Raffinement. Aus Elfenbein ließ man sich Griffe schnitzen mit Darstellungen aus der Tierwelt, mit Göttern, Helden, Totenköpfen, Händen - der Phantasie waren hier keine Grenze gesetzt. Ende des 19. Jahrhunderts wurde der "Systemstock" mit zusätzlicher Funktion entdeckt. Meist von außen nicht erkennbar, enthält er im Griff oder Schuss die unterschiedlichsten Dinge und Vorrichtungen - aus Zweckmäßigkeit, oder weil der Besitzer des Stockes etwas vor der Öffentlichkeit verbergen wollte. Dem Genius der Erfinder waren hier keine Grenzen gesetzt.
Einen starken Einfluß auf die Stockmode hatte auch das Art nouveau. Damals fertigte man tauförmige Griffe überwiegend aus Silber mit floralem Dekor, diese dienen heute so manchem als elegante Gehhilfe. Ferner gab es figürliche Darstellungen in Form von Tieren, leicht bekleideten Frauen und Nymphen. Das Ende der Stockmode wurde bestimmt vom Rundhaken, der älteren Menschen noch aus den Zeiten Wilhelms II. bekannt sein dürfte. Hochwertige Stöcke sind erfreulicherweise meist immer noch in ihrem Originalzustand erhalten. Als Stütze ungeeignet und als Statussymbol und modisches Accessoire wenig strapaziert, ist lediglich die Zwinge, vergleichbar mit einem Schuhabsatz, oft erneuerungsbedürftig. Gebrauchsspuren mindern selten den Wert, wenn die Optik nicht zu sehr beeinträchtigt wird, im Gegenteil, sie erhöhen gelegentlich sogar den Charme eines Stockes und lassen vielleicht sogar Rückschlüsse auf den ehemaligen Besitzer zu.
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