Badegläser
Der Mensch des Biedermeier reiste viel, obwohl dies damals recht beschwerlich war. Eine Reise mit der Postkutsche von München nach Stuttgart dauerte volle drei Tage, und man versteht den Stoßseufzer einer Dame aus den besten Kreisen, die ihrem Tagebuch anvertraute: |
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»Gott sei Dank, dieses Jahr werden wir nicht zu reisen brauchen.« Trotzdem packte man einmal im Jahr recht gern seine Reisekörbe und -taschen und begab sich auf die holprige Fahrt, um dort zu landen, wo die vornehme Welt sich traf: in den Badeorten Karlsbad, Teplitz, Marienbad, Franzensbad, Homburg, Bad Ems oder Wiesbaden. Wehmutsvoll, die wir heute aus kargem Becher die widrige Heilquelle hinunterquälen, schauen wir auf eine Zeit, die solch gesundes Tun kostbar verzierte. Das »Badeglas«, kunstvoll geschliffen, mit Wappen, Namen, Sprüdien und Ansichten in Glasschnitt, erinnert an Badekurvergnügen vergangener Tage. Die hervorragendsten Glasschneider dieser Zeit - hier drängt sich vor allem der Name Dominikus BIMANN auf, dessen Gläser zu den Kostbarkeiten unserer Museen gehören - ließen es sich nicht nehmen, zur Badesaison in den Butiken bereit zu stehen, um die Wünsche der Besteller zu erfüllen, die ihr Badeglas nach eigener Vorstellung behandelt sehen wollten. |
In einem Almanach von Teplitz aus dem Jahre 1830 wird berichtet von »vielen Glashändlern aus den berühmtesten Glasfabriken Böhmens, welche die Kurzeit hindurch ihre Waren zu den billigsten Preisen verkauften, auch mit Akkuratesse auf Verlangen die ihnen vorgelegten Wappen, Namen, Devisen, Zeichnungen, ja sogar Porträts in die Glaswaren und Steine schneiden. Man kann nicht wohl elegantere und wohlfeilere Andenken aus Teplitz mitbringen, als diese Glaswaren, die daher auch einen guten Absatz finden«. |
Sicher wurden die Badegläser damals nicht nur für Trinkkuren benutzt. Man musste ja, dies gebot die Unbill der Zeit, gut wirtschaften und war sich des Wertes dieser Objekte wohl bewusst. Deswegen werden sie oft als Geschenke und Andenken mitgenommen worden sein und werden ihren Platz zu Hause in der Vitrine neben Tässchen, Freundschaftsgläsern und anderen Nippes der Zeit gefunden haben.
Neben edlen, kostbaren und sehr kostspieligen Badegläsern, die meist aus Böhmen oder Schlesien stammen, finden wir heute noch andere, etwas weniger sorgsam bearbeitete, jedoch freundlich-naive Stücke, die das Sammeln wohl wert sind.
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Quelle:
Lydia Dewiel:
Das kleine Buch der Antiquitäten für stillvergnügte Sammler
Heimeran 1966 |
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